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Wasserstoffbedarf

Wie viel Wasserstoff wird wo und wann benötigt? Zur Planung einer zukunftsfesten Wasserstoffversorgung ist es notwendig, die anfallenden Bedarfe zu kennen. Insbesondere auch in Baden-Württemberg. Daher hat das Land unter Federführung des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft im Jahr 2023 eine landesweite Bedarfsermittlung durchgeführt, die zeigt: Baden-Württemberg wird mehr Wasserstoff benötigen als bisher erwartet.

H2-Bedarf in Baden-Württemberg

Die Relevanz, die eine Kenntnis über konkrete Bedarfe an Wasserstoff für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft haben, wurde in den Ergebnissen der ersten Workshops im Fachdialog Wasserstoffinfrastruktur deutlich. Denn für die Planung einer zukunftsfesten Wasserstoffinfrasrtuktur in Baden-Württemberg ist eine möglichst große und belastbare Datenbasis die entscheidende Grundlage. 

Daher hat das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg gemeinsam mit vielen Partnern eine landesweite konzertierte Kampagne zur Ermittlung der Wasserstoffbedarfe in Baden-Württemberg im Jahr 2023 gestartet. In deren Zentrum steht die Bedarfsabfrage der Initiative „Wasserstoff für Baden-Württemberg“. Parallel zur Abfrage fanden Informationsveranstaltungen und einer wissenschaftlichen Auswertung durch das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg statt.

Weitere Informationen zur H2-Bedarfsabfrage und den beteiligten Partnern finden Sie hier.

 

Über die Initiative "Wasserstoff für Baden-Württemberg" der terrantes bw wurde ein Online-Formular veröffentlicht, über das Unternehmen und andere Organisationen im Land Angaben zum Wasserstoff-Bedarf machen konnten. Abgefragt wurden Daten für 2030, Jahr 2, Jahr 3. Ein Erklärungsvideo stellt die Nutzung des Fragebogens näher vor und ordnet die Relevanz der Bedarfsmeldung nochmals ein.

Die gemeldeten Bedarfe wurden anschließend durch das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württember (ZSW) ausgewertet und veröffentlicht.

 

In die finale Auswertung konnten insgesamt 474 Rückmeldungen genutzt werden, die einer Weitergabe der Daten zur wissenschaftlichen Auswertung zugestimmt hatten.

Die meisten Meldungen stammen aus dem Industriesektor bzw. aus dem verarbeitenden Gewerbe. Davon 196 Meldungen mit Bedarfsangabe und 81 Meldungen ohne. Für die Hochrechnung der Wasserstoffbedarfe der Industrie sind diese Meldungen trotzdem sehr hilfreich, um besser einschätzen zu können, in welchen Branchen potenziell Wasserstoff benötigt wird.

Aus anderen Sektoren stammen insgesamt 197 Meldungen: Energieversorgung (einschließlich Stadtwerke und Verteilnetzbetreiber) mit 52 Meldungen, der Bereich öffentliche Verwaltung mit 40 Meldungen und Kategorie Sonstiges mit 105 Meldungen. Logistikunternehmen haben nur sehr vereinzelt gemeldet.

Die Darstellung finden Sie ebenfalls im Ergebnisbericht der Bedarfsabfrage sowie im Video der Ergebnisvorstellung.

 

Prämisse der Auswertung der H2-Bedarfe war, dass aus Klimaschutzgründen ab spätestens 2040 in Baden-Württemberg kein fossiles Erdgas mehr eingesetzt werden darf und der Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen zur Verfügung steht.

Bereits ab dem Jahr 2023 besteht ein Bedarf von 2,9 TWh Wasserstoff.

Diese steigen auf einen Gesamtbedarf an Wasserstoff in Baden-Württemberg von 90,7 TWh im Jahr 2040 an.

Damit übersteigen die Ergebnisse der Befragung alle vorher durchgeführten Analysen und Untersuchungen, die weitaus niedrigere Bedarfe für Baden-Württemberg prognostizierten.

 

Eine Regionalisierung der Gesamtbedarfe an Wasserstoff in Baden-Württemberg konnte auf Basis der Bedarfsmeldungen nicht vorgenommen werden. Grund hierfür ist, dass einige Meldungen wie beispielsweise von Stadtwerken, Verteilnetzbetreibern und übergeordneten Netzbetreibern nicht exakt bestimmten Regionen bzw. Landkreisen zugeordnet werden konnten. Daher erfolgte die Regionalisierung nur für die Wasserstoffbedarfe der Sektoren Industrie und Verkehr. In die Gesamtbetrachtung miteinbezogen wurden auch Kraftwerke zur Stromerzeugung, da deren Standorte konkret bekannt sind.

Vorgehen der Analyse:

  • Die Regionalisierung erfolgte zunächst anhand der gemeldeten Energiebedarfe und wurde dann dem geplanten Leitungsausbau gegenübergestellt.
  • Zudem wurden die Gesamtbedarfe für die Jahre 2025 und 2030 auf Kreisebene in Elektrolyseleistung umgerechnet.

 

Die Ergebnisse liegen als wissenschaftlicher Bericht sowie als Präsentation im PDF-Format vor. Auf Anfrage senden wir Ihnen die vollständigen Präsentationsfolien zu den Ergebnissen der Wasserstoffbedarfsabfrage sowie zu Regionalisierung der Wasserstoffbedarfe in Baden-Württemberg gerne zu. Senden Sie uns hierfür gerne eine Mail.

Den wissenschaftlichen Ergebnisbericht finden Sie zudem hier (nicht barrierefrei).

 

Prognose der H2-Bedarfe

Die Grafik zeigt die Entwicklung des gesamten Wasserstoffbedarfs im Zeitverlauf bis zum Jahr 2040 auf und unterteilt die Bedarfe auf die Sektoren Strom- und Wärmeversorgung, Straßenverkehr und Industrie.

Bis zum Jahr 2025 wird die Gesamtnachfrage durch die H2-Bedarfe aus der Industrie dominiert. Ab den Jahren 2027 bis 2028 kommen mengenmäßig nennenswerte Meldungen der Verteilnetzbetreiber hinzu. Vom Jahr 2029 auf das Jahr 2030 nehmen die Bedarfe um mehr als die Hälfte zu, was auf die erstmalige Meldung der Verteilnetzbetreiber ab 2030 zurückzuführen ist. Ein weiterer größerer Anstieg ist zwischen den Jahren 2031 und 2032 zu erkennen. Dies geht auf die erstmalige Bedarfsmeldung der stromerzeugenden Kraftwerke sowie weiterer Großverbraucher zurück. Ähnlich begründet sich auch der letzte sprunghafte Anstieg der Bedarfsmeldungen um 10 TWh zwischen 2039 und 2040: Auch hier kommen Meldungen von weiteren Verteilnetzbetreibern und einzelnen Großverbrauchern hinzu.

© ZSW

Regionale Unterschiede im Land

In der Abbildung ist deutlich erkennbar, dass die Landkreise im Land unterschiedliche Wasserstoffbedarfe aufweisen. Zur Versorgung steht Wasserstoff per Pipeline gemäß der aktuellen Planungen zum Wasserstoffkernnetz ab 2030/32 in ausgewählten Regionen in Baden-Württemberg zur Verfügung.

In der Industrie zeigen die Bedarfsmeldungen und darauf basierenden Hochrechnungen schnell wachsende Bedarfe schon deutlich vor 2030. Die Verteilung der H2-Bedarfe im Land ist durch die Standorte der energieintensiven Inustrie geprägt und spiegelt die Wirtschaftsstruktur in Baden-Württemberg wieder. So zeigen die Regionen im Südosten und Nordwesten des Landes beispielsweise besonders ab 2035 hohe Bedarfe auf. 

Die Analyse zeigt, dass die für den Schwerlastverkehr auf der Straße benötigten Wasserstoffmengen deutlich geringer als die Industriebedarfe ausfallen. Dennoch zeigen die Bedarfsmeldungen und darauf basierenden Hochrechnungen auch im Verkehrssektro schnell wachsende Bedarfe schon deutlich vor dem Jahr 2030.

Um den Technologiestandort Baden-Württembergsgerade im Bereich Brennstoffzellentechnologie zu sichern, ist eine Versorgung der Logistikbranche vor 2030 mit Wasserstoff also notwendig.

Wasserstoffbedarf in Deutschland

Prognosen zum Bundesweiten Wasserstoffbedarf lassen sich in der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) (aus dem Jahr 2020) sowie deren Fortschreibung (aus dem Jahr 2023) finden.

Für das Jahr 2030 geht die Bundesregierung von einem Gesamtwasserstoffbedarf von 95 bis 130 TWh aus. Dieser enthält neben dem Bedarfs an Wasserstoff auch den prognostizierten Bedarf an Wasserstoffderivaten wie Ammoniak, Methanol oder synthetischen Kraftstoffen. Verschiedene Energieszenarien gehen für das Jahr 2030 von einem neu entstehenden Wasserstoffbedarf in Deutschland zwischen 40–75 TWh aus, der nach 2030 stark ansteigt.

Zusätzlich werden Wasserstoffbedarfe von rund 55 TWh dort entstehen, wo heute noch grauer Wasserstoff verwendet wird. Dieser Bedarf kann sich bis 2030 durch Produktionsumstellungen oder im Zuge der Transformation zum Teil reduzieren.

Abhängig von der Preis- und Marktentwicklung für Wasserstoff könnte sich die Gesamtnachfrage Deutschlands nach Wasserstoff und Wasserstoffderivaten bis 2030 weiter deutlich erhöhen und den Markthochlauf beschleunigen. Gemäß Fortschreibung der NWS wird die Bundesregierung die Bedarfsentwicklung fortlaufend monitoren und bei Bedarf vorausschauend mit passgenauen Maßnahmen adressieren.

 

Die in der NWS 2023 für das Jahr 2030 prognostizierten Bedarfe an Wasserstoff und dessen Derivaten in Höhe von 95 bis 130 TWh aus sieht die Bundesregierung verschiedene Optionen vor:

  • Erzeugung im Land: National sollen insgesamt 10 Gigawatt an Elektrolysekapazität zugebaut werden.
  • Import aus dem Ausland: Voraussichtlich müssen rund 50 bis 70 Prozent (45 bis 90 TWh) des deutschen Wasserstoffbedarfs aus dem Ausland importiert werden.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geht zudem weiter davon aus, dass der Importanteil nach 2030 weiter steigen und sich der Bedarf bis zum Jahr 2045 auf 360 bis 500 TWh an Wasserstoff sowie etwa 200 TWh an synthetischen Kohlenwasserstoffen und anderen Wasserstoffderivaten erhöhen wird.

Durch diverese Einflussfaktoren wie Preisentwicklung, Verfügbarkeit von Wasserstoff, Infrastrukturentwicklung usw. sind Bedarfsprognosen allgemein von Unsicherheiten geprägt, die im Zeitverlauf weiter zunehmen können. Dementsprechend kann der tatsächliche Bedarf auch höher oder niedriger als prognostiziert ausfallen.

Weitere Informationen finden Sie in der Importstrtategie für Wasserstoff der Bundesregierung.

 

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